Der lange und schwierige Weg hin zu umweltfreundlicherer Elektronik - Chemikalienmanagement für die Elektronikindustrie bleibt eine Herausforderung

Am 28.03.2019 organisierte ChemicalWatch in Brüssel eine Konferenz zum Thema Chemikalienmanagement in der Elektronikindustrie. Karolina Zazvorkova von der Europäischen Kommission erklärte, wie die wachsende Menge an Elektronikschrott und die damit verbundene Umweltverschmutzung zu Regulierungsmaßnahmen in Europa führen. Die daraus resultierenden Richtlinien zur Trennung, Behandlung und Wiederverwertung von Abfällen (WEEE) und zur Beschränkung gefährlicher Stoffe in der Elektronik (RoHS) gibt es seit Anfang der 2000er Jahre in Europa und vielen anderen Ländern. Nach einer "Neufassung" im Jahr 2011 laufen derzeit die Aktivitäten zur möglichen Beschränkung zusätzlicher Stoffe. Bisher sind die Schwermetalle Cadmium, Blei, Chrom (VI), Quecksilber und Flammschutzmittel aus der Gruppen der polybromierten Biphenyle (PBBs) und polybromierten Diphenylether (PBDEs) sowie vier Phthalate eingeschränkt (die Phthalate ab Mitte 2019). Für potenzielle zusätzliche Flammschutzmittel wurden vom Öko-Institut in Deutschland Stoffprüfungen und Konsultationen zu Antimontrioxid (ATO), mittelkettigen Chlorparaffinen (MCCP) und Tetrabrombisphenol-A (TBBPA) durchgeführt. Ein Abschluss wird für Ende 2019 erwartet, während eine allgemeine Überprüfung der RoHS im Jahr 2021 stattfinden wird.

Der aktuelle Entwurf der EcoDesign-Richtlinie für elektronische Displays enthält eine Einschränkung der bromierten Flammschutzmittel als breite Stoffgruppe - ein Konzept, das bisher in der europäischen Gesetzgebung selten verwendet wurde. Während sich Industriegruppen diesem Ansatz widersetzen, weil er einen Präzedenzfall für die Regulierung von Chemikalien in einem anderen Rechtsbereich über REACH hinaus schafft, sind einige Gerätehersteller nicht gegen die Regel als solche, da sie diese Flammschutzmittel bereits ersetzt haben.

Aidan Turnbull von BOMcheck wies darauf hin, dass die Kontrolle und Durchsetzung auch bestehender Stoffbeschränkungen eine anspruchsvolle Aufgabe für die Behörden ist. Wenn die Hersteller keine gute Transparenz ihrer Lieferkette haben, ist das Risiko hoch, dass verbotene Chemikalien verwendet werden oder sich als Verunreinigungen zeigen. Dies kann nicht nur zu wirtschaftlichen Verlusten, sondern auch zu Reputationsschäden führen. In Europa muss die Elektronik die Beschränkungen der REACH-, RoHS- und der Verordnung über persistente organische Schadstoffe (POPs, EU 850/2004, zuletzt geändert 2016) erfüllen. So fanden beispielsweise im Jahr 2016 Tests in 7 Ländern in der EU 24% der ~150 USB-Kabel (Universal Serial Bus), die nicht RoHS-konform sind (Blei, Cadmium), 37% RoHS-2-Phthalate. Eine vollständige Materialdeklaration ist natürlich der beste Weg, um transparent zu machen, welche Chemikalien in einem Artikel verwendet werden, ein Punkt, den Blandine Gayral von MedTech Europe betont hat und den ihre Organisation unterstützt.

Die internationale Normung hilft, die wachsende Liste der bedenklichen Chemikalien oder die gesetzlichen Einschränkungen zu bewältigen. Christophe Garnier von Schneider Electric und zugleich Vorsitzender der IEC TC 111 (International Electrotechnical Commission, Technical Committee 111 Environmental standardization for electrical and electronic products and systems) erläuterte die Norm ICE 62474 für Stoffdeklarationen, die es allen Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette ermöglicht, ein einheitliches System zur Kommunikation darüber zu nutzen, welche Chemikalien in Produkten verwendet werden. Die zugehörige Datenbank ist im Internet frei verfügbar.

Nicht nur harte gesetzliche Beschränkungen können den Wandel und die Abkehr von alten Chemikalien vorantreiben, sondern auch freiwillige Maßnahmen und Anreize wie Umweltzeichen, die bessere Alternativen fördern. Lindsay Fernandez-Salvador vom Green Electronics Council, USA, erläuterte das EPEAT-System (Electronic Product Environmental Assessment Tool), das sich in den letzten zehn Jahren nicht nur in den USA zu einem weit verbreiteten Umweltzeichen für Informationstechnologie entwickelt hat. Die EPEAT-Produktkriterien werden als Normen in einem freiwilligen und konsensorientierten Ansatz entwickelt, an dem ein breites Spektrum von Interessengruppen beteiligt ist. Die neuesten EPEAT-Normen für Computer und Bildschirme befassen sich mit dem Problem der bedenklichen Chemikalien durch Beschränkungen von Brom und Chlor in Kunststoffen (Auszeichnen bei Verwendung halogenfreier Flammschutzmittel), sicherere chemische Bewertung und Verwendung, vollständiges Stoffverzeichnis in Produkten und Einschränkung oder Beseitigung bedenklicher Stoffe (EU RoHS, EU REACH, Beryllium). Darüber hinaus fordert die EPEAT auch eine größere Transparenz der Produktionsanlagen und Lieferketten der Lieferanten. Inzwischen hat sich das Image von recycelten Kunststoffen verbessert, und Markeninhaber wollen Rezyklate auch aus Werbegründen einsetzen.

"The end of plastics in electronics" war der provokante Titel einer gemeinsamen Präsentation von Mike Kirschner, Design Chain Associates, und Lauren Heine, Northwest Green Chemistry, USA. Hintergrund des Titels ist die Frage, ob kritische Chemikalien zu einem ernsthaften Geschäftsrisiko für Thermoplaste in der Elektronik werden können. Als Beispiel für eine bedauerliche Substitution in der Elektronik nannten sie den Ersatz von Decabromo-Diphenylether (Deca-BDE) durch das chemisch sehr ähnliche Decabromo-Diphenylethan (DBDPE). Letzteres wurde als unregulierte Alternative zu Deca-BDE eingeführt und hat bereits eine breite Anwendung in der Elektronik gefunden, obwohl es viele der Bedenken aufwirft, die der Grund für die Einschränkung von DecaBDE waren. Daher ist es keine große Überraschung, dass DBDPE in Kanada zur Beschränkung vorgeschlagen wird. Lauren wies darauf hin, dass es mehrere gute Ressourcen gibt, um sicherere Alternativen zu finden, wie den pinfa Produktselektor (non-halogenated phosphorus, inorganic and nitrogen flame retardants association), die TCO-zertifizierte Liste der akzeptierten Substanzen, den Chemsec MarketPlace und MaterialWise, ein von externen Experten verifiziertes Verzeichnis von Gefährdungsbeurteilungen von chemischen Alternativen. Derzeit stehen auch phosphorhaltige Flammschutzmittel auf dem Prüfstand und müssen ihr Umwelt- und Gesundheitsprofil nachweisen, insbesondere die Flammschutzmittel für Gehäuse auf Styrolbasis (z.B. PC-ABS = Polycarbonat - Acrylnitril-Butadien-Styrol-Polymer). Es ist auch wichtig festzustellen, dass die Sicherheitsnormen der Elektronik keine Verwendung von flammhemmenden Kunststoffen vorschreiben, sondern für bestimmte kritische Teile Brennbarkeitsgrenzen festlegen. Diese Leistungsanforderungen können oft durch die Verwendung von nicht brennbaren Materialien wie Metall, durch Erhöhung der Sicherheitsabstände oder die Schaffung von Innengehäusen erfüllt werden. Alle diese Ansätze werden häufig bewertet und von Elektronikherstellern verfolgt, weil sie nach dem wirtschaftlichsten Weg suchen, um die Sicherheitskriterien zu erfüllen. Die wichtigste Schlussfolgerung ist, dass die Elektronikhersteller wissen müssen, was in ihren Produkten steckt.

Kerstin Kuchta von der Technischen Universität Hamburg beschrieb die Schwierigkeiten beim Recycling von Elektroschrott: Es beginnt mit der Sammlung und Trennung von Gegenständen (wobei wertvolle Gegenstände wie Mobiltelefone oder Teile wie Kabel sogar im Sammelprozess gestohlen werden), aber die größte Herausforderung ist die Wirtschaftlichkeit. Die Werttreiber für das Recycling sind der Gehalt an Kupfer und Gold, während die Eisen- und anderen Nichteisenmetalle einschließlich kritischer Rohstoffe wie Indium, Germanium und Kobalt keine ausreichende Rendite für den Recycler bringen. Der Kunststoffanteil wird meist wie ein wertloser Abfallstrom behandelt. Die Trennung verschiedener Kunststoffe aus gemischtem Elektroschrott ist technisch noch sehr schwierig und wirtschaftlich nicht sinnvoll. Neue und schnellere Sortiertechnologien sowie chemische Recyclingansätze, bei denen der Kunststoff wieder zu seinen Monomeren verarbeitet wird, müssen dies in Zukunft verbessern.

Wenn Sie mehr über "Design for Fire Safety in Greener Electronics" erfahren möchten, besuchen Sie bitte diesen pinfa-Workshop am 30. April und 1. Mai 2019 in San Jose, Kalifornien, USA. Hier finden Sie das technische Programm und allgemeine Informationen.

Der Artikel wurde ursprünglich von Adrian Beard auf LinkedIn hier gepostet.

Bilder: Shutterstock

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